Die Bildtafeln in der Herrsteiner Kirche

Die jetzige sogenannte Schlosskirche ist vermutlich aus einer mittelalterlichen Burgkapelle hervorgegangen. Sie weist Stilelemente von der Gotik bis zum Barock auf. Das gleiche gilt für die Innenausstattung, z.B. den Taufstein aus dem 16. Jahrhundert, die Renaissance- und Barock-Grabplatten aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die Stummorgel von 1772, die Kanzel aus dem 18. Jahrhundert.

Bei der 1959 durchgeführten Renovierung tauchten völlig unbekannte Bildtafeln eines bisher nicht bekannten Malers an der Empore auf, wie man sie vielfach in Kirchen des Hunsrücks findet (z.B. Felsenkirche, Bruchweiler, Stipshausen oder auch die etwa gleichzeitig entdeckten Bilder in Heiligenbösch). Nach den bisherigen Erkenntnissen gibt es keine direkten Parallelen zu den Herrsteiner Tafeln.

Die Restaurierung zog sich über mehrere Jahre hin und war sehr schwierig, weil die Bilder unter fünf Farbschichten verborgen lagen. Hierzu schreibt der Restaurator Willi Diernhöfer im Heft der Mitteilungen des Vereins für Heimatkunde (H. 1/2, 52. Jg. 1979): „Unter dem obersten braunen Ölanstrich kam eine kam eine geschickt gemalte Holzmaserung zutage, darunter lag ein rosa-gelblicher Anstrich als Grundierung für die Holzmaserung. Die vierte Schicht war ein weißer Ölspachtelkitt, mit dem die Tafel in jüngerer Zeit überspachtelt wurden, um die Unebenheiten der Bretter zu glätten. Extrem hart und mit empirischem Freilegeverfahren äußerst schwer beizukommen, erwies sich die fünfte Schicht als hellgrauer Kaseinfarbe als der älteste Überstrich. Unter diesem befand sich die Malerei welche auf schiefergrauer Grundierung in Mischtechnik in z. T. hauchdünnen Lasuren aufgebaut ist.“

bildtafeln

Hinzu kam, dass ein Unbekannter, um seine Neugier zu befriedigen, zwei Tafeln beschädigte. Die Tafeln weisen eine sehr starke Farbigkeit auf, die der Maler mit wenig satten Tönen erreichte, wobei Blau ganz fehlt. Wahrscheinlich war die Herstellung mit dieser Farbe mit zu hohen Kosten verbunden. Über die Entstehung der Tafeln ist man sich nicht einig. Man geht aber davon aus, das die Bilder im 16. Jahrhundert entstanden, während andere davon ausgehen die Bilder stammen von 1776, als die Kirche umgebaut wurde.

Wahrscheinlich sind diese Bilder älter als 1776, denn sie enthalten eine große Symbolik, der sich die Malerei bis ins 15. Jahrhundert bediente. Außerdem weisen die Heiligenscheine und die Unstimmigkeit der Proportionen auf einen vorreformatorischen Charakter hin. Auch die Maltechnik lässt darauf schließen, dass es sich hier um die Werke zweier Maler handelt, denn Moses und die Apostel wurden viel feiner gemalt. Vermutlich hat der eine Künstler den Stil des anderen in der Moses- bzw. Jesusdarstellung kopiert, da diese große Parallelen aufweisen. Die Darstellung der Apostel in der Merianbibel zeigt die gleiche Symbolik wie die vorbeschriebenen Bilder.


 

bildtafel_1

Der Evangelist Matthäus

Auf dem ersten Bild sieht man den Evangelisten Matthäus. Sein Attribut ist der Mensch oder auch der Engel, weil sein Evangelium mit dem Geschlechtsregister Christi beginnt. Matthäus sitzt auf einem Kissen und hat einen Heiligenschein, die Symbole, die eine hochgestellte Persönlichkeit auszeichnen. Er trägt ein rotes Gewand, die Farbe der Gottgeweihten aus dem Alten Testament. Das Buch in seiner Hand versinnbildlicht das Evangelium.


 

bildtafel_2

Der Evangelist Markus

Der Evangelist Markus hat als Symbol den Löwen, denn sein Evangelium, worauf das Buch, das er hält, hinweist, beginnt mit Johannes dem Täufer, der in der Wüste lebte. Wieder wird die Stellung seiner Person durch das Kissen und den Nimbus ausgedrückt. Der scharlachrote Vorhang weist auf Christus, und die Säule ist das Sinnbild der tragenden Kraft.


 

bildtafel_3

Der Evangelist Lukas

Lukas Attribut ist der Ochse oder Stier. Das im Lukas 1 berichtete Räuchern des Zacharias wurde wohl als Opfer missverstanden und daher Lukas das Opfertier, der Stier, beigegeben. Die Palette mit den Pinseln deutet auf seine Funktion als Schirmherr der Maler hin, denn nach der Legende hat er Maria gemalt. Diernhöfer vermutet, dass dies ein Selbstbildnis des Malers ist. Als Beweis führt er die Palette, das Fehlen des Heiligenscheins, die Fingerstellung der rechten Hand (typische Stellung, wie der Maler den Pinsel hält) und das Abweichen der Gesichtszüge von den anderen Köpfen (Porträtähnlichkeit) an.


 

bildtafel_4

Der Evangelist Johannes

Das Symbol des Evangelisten Johannes ist der Adler. Das geöffnete Fenster versinnbildlicht das Zwiegespräch mit Gott. Auch hier haben wir wieder die Säule als Symbol der tragenden Kraft und das Buch, das auf das Evangelium hinweist. Eine besondere Symbolik haben die fünf Bäume. Sie stellen Christus und die vier Evangelisten dar.


 

bildtafel_5

Jesus im Tempel

Auf dem fünften Bild ist Jesus abgebildet. Er ist in Rot und Weiß gekleidet. Die erste ist die Gottesfarbe und die zweite Symbol der unbedingten Wahrheit Gottes, der Sündenlosigkeit und fürstlichen Gewalt. In Verbindung mit Rot ist es die Farbe der Gottgeweihten. In diesem Bild sind zwei Bibelverse enthalten. 1. Ich bin die Tür, so jemand durch mich eingeht, der wird selig werden. (Joh. 10,9) wird ausgedrückt durch die offene Tür, in der Jesus steht. Der zweite Vers lautet: Und auch ihr als die lebendigen Steine bauet euch zum geistlichen Hause. 1. Petrusbrief 2 und 5. Er bezieht sich auf die Steinquaderung. Außerdem erscheint hier wiederum die Säule, Sinnbild der tragenden Kraft.


 

bildtafel_6

Der Prophet Hesekiel

Nach Ansicht von Kirchmeister A. Welker, Herrstein, müsste das Bild 6 in der Reihenfolge mit Bild 8 gewechselt werden. Nach seiner Meinung wird hier die Berufung des Propheten Hesekiel dargestellt (Hesekiel 2, V. 9 und Hesekiel 3, V. 1-3). Das geöffnete Buch in der Hand des Propheten könnte auf das Neue Testament hinweisen. Die Wolken am oberen Bildrand (links) und die Hand mit dem Brief symbolisieren die Anwesenheit Gottes, der mit Hesekiel spricht. Der große Baum am echten Bildrand ist Sinnbild des Lebens und Wort Gottes.


 

bildtafel_8

Der Apostel Paulus

Auf der achten Tafel ist Paulus abgebildet. Auffallend ist hier die Unstimmigkeit der Proportionen. In der Symbolsprache bedeutet ein großer Kopf, dass hier der Geist überwiegt. Die linke Bildseite ist von einem dunklen schweren Himmel ausgefüllt, der das frühere Leben des Paulus als Saulus versinnbildlicht. Hier ist auch die Steinigung des Stefanus dargestellt. Rechts sehen wir Paulus nach seinem Damaskuserlebnis. Das Haus ist eine Kirche, und die offene Pforte und der Baum symbolisiert die 10 Gebote. Paulus hält ein Buch, das durch fünf Nägel geziert wird, die auf die vier Evangelisten und die Paulusbriefe hinweisen. Die linke Hand zeigt die Siegesgeste und deutet dabei auf das Buch, das Wort Gottes hat gesiegt.


 

bildtafel_9

Prophet Jonas

Auf der neunten Tafel ist Jonas zu sehen, der …


 

bildtafel_10

Moses

Das letzte Bild zeigt Moses, der die Gesetzestafeln hält und auf einem schwarz-weißen Steinpflaster steht (Es steht schwarz auf weiß geschrieben). Auffällig ist hier die Ähnlichkeit mit der Jesusdarstellung. Ebenfalls die große Säule, die offene Pforte und die Quaderung.